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We Are One: Planspiele und Parallelwelten

Eine Jugendbegegnung, drei Zielorte: Als eine der letzten internationalen Begegnungen in diesem Jahr trafen sich kürzlich Jugendliche aus Deutschland, Italien und Griechenland in Baden-Württemberg, Deutschland. Während der zehn Tage waren sie auch in Straßburg, Frankreich, unterwegs. Es war eine aufregende Entdeckungsreise durch „unsere Communities, Europa und alles, was dazwischen liegt“, wie bereits der Titel der Begegnung versprochen hatte. Ein Bericht von Jovanna Schneider, Internationales Forum Burg Liebenzell.

Wir begrüßten die Gruppen aus Italien und Griechenland in Bad Liebenzell, der Heimatbasis des Internationalen Forums im Schwarzwald. Einen ersten gemeinsamen Abend konnten alle in der rustikalen „Burgschenke“ der Burg Liebenzell genießen. Die Burg wird von unserer Organisation verwaltet und als Akademie für politische Bildung und Jugendbegegnungen genutzt.

Ankunft auf der Burg

In dieser Atmosphäre haben wir wieder zusammengefunden und den Grundstein für neue Freundschaften gelegt. Denn seit vergangenem Herbst, als wir uns auf Sardinien getroffen haben, wo unsere italienische Partnerorganisation Associazione Interculturale NUR beheimatet ist, gab es bei allen drei Partnerorganisationen einige Veränderungen unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Doch die Jugendlichen schlossen schnell neue Freundschaften, auch wenn sie diejenigen, die dieses Mal nicht dabei sein konnten, schmerzlich vermissten. Am Nachmittag machten wir einen Ausflug nach Calw, etwa zehn Minuten mit dem Zug vom Schloss entfernt, um die schöne Altstadt und den Geburtsort des berühmten Schriftstellers Hermann Hesse kennen zu lernen.

Am zweiten Tag begannen wir mit der Arbeit an unseren Themen: Es gab Aktivitäten zu Stereotypen, Vorurteilen und Diskriminierung sowie einen Szenario-Workshop zu Möglichkeiten, sich im Alltag gegen diskriminierendes Verhalten zu wehren. Besonders empfehlen können wir die Arbeit mit dem klassischen TED-Talk von Chimamanda Ngozi Adichie, der den Titel „The Danger of a Single Story“ trägt. Die Jugendlichen mussten an diesem Tag hart arbeiten, wurden aber am Abend mit Pizza belohnt.

Die Vormittagsaktivität am dritten Tag war ein kleines Experiment: Die Jugendlichen wurden in eine dystopische Parallelrealität versetzt, in der sie nun Bürger von sechs Ländern in einem Nachkriegschaos waren. Würden sie erkennen, dass sie zusammenarbeiten müssen, um ihre Gesellschaften erfolgreich wiederaufzubauen? Ja – in ihrem eigenen Tempo. Zunächst gab es eine gewisse Frustration, da die Methode ihnen nur erlaubte, mit den Bürgerinnen und Bürgern ihres eigenen Parallelweltlandes zu flüstern. Sie durften nicht über Grenzen hinweg kommunizieren, ohne ein Visum für einen offiziellen Besuch zu beantragen. Aber am Ende haben sie die Erfahrung geschätzt, ebenso wie das Team der Jugendleiter*innen.

Zur Lage der Union

Das Planspiel war der Beginn von eineinhalb Tagen, die dem Thema Europa und der EU gewidmet waren. Wir sprachen über die Institutionen, die Geschichte, die Werte und Möglichkeiten zur Jugendbeteiligung in der Europäischen Union. Abgeschlossen wurde dieser thematische Teil mit einer Vorführung des Dokumentarfilms Generation Ukraine. Wir sind dankbar, dass Katia Henrikh, eine der Produzentinnen des Dokumentarfilms, uns besuchte und nach der Vorführung und am nächsten Morgen alle Fragen beantwortete. In dieser Zeit traf auch die IBB-Projektreferentin Claudia Gerbaud vor Ort ein. Vielen Dank, Claudia, für dein Engagement, ob es nun um längst überfällige persönliche Treffen ging oder darum, den Jugendlichen alles über Generation Europe – The Academy zu erzählen!

Die nächsten anderthalb Tage haben wir den lokalen Aktivitäten der Gruppen zuhause gewidmet und konnten bei allen drei Projekten erhebliche Fortschritte erzielen. Die Jugendlichen arbeiteten hart und präsentierten nach den Sitzungen beeindruckende Ergebnisse, wahrscheinlich angespornt durch das, was sie von ihren internationalen Partnern gehört hatten. Tatsächlich arbeiten alle drei Gruppen an sehr unterschiedlichen Projekten. Während des Austauschs konnten sie aus dem Feedback und den Vorschlägen, die sie erhielten, einen großen Mehrwert ziehen.

Connect European: Auf dem Weg nach Straßburg

Dann war es endlich Zeit für den ersten großen Umzug der Jugendbegegnung: Wir fuhren mit dem Zug (oder besser gesagt mit drei Zügen) nach Straßburg, Sitz des Europäischen Parlaments. Dort nahmen wir an einem Planspiel im Parlament teil, das Diskussionen zwischen den verschiedenen Fraktionen des EP, den Fachausschüssen und im Plenum beinhaltete. Die Jugendlichen mussten Reden halten und verhandeln, auf ein Krisenszenario reagieren und sich mit Lobbyist*innen treffen. Zum Glück haben sie uns den frühen Start verziehen und engagiert teilgenommen. Danach besuchten wir den Plenarsaal und unternahmen schließlich einen langen Spaziergang durch das Europaviertel, während wir eine Schnitzeljagd machten.

Am nächsten Tag mussten wir noch früher aufstehen, da wir zurück nach Deutschland fuhren, um unsere letzten drei gemeinsamen Tage in Stuttgart zu verbringen. Dort setzten wir uns mit Themen wie Jugendbeteiligung auf lokaler Ebene auseinander. Dabei ging es auch um die Verknüpfung von Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche mit marginalisierten Perspektiven in urbanen Räumen. Ein eindrucksvoller Stadtrundgang in Stuttgart gehörte dazu, bei dem wir etwas über den Alltag von Menschen ohne Obdach, wohnungslosen Kindern und anderen marginalisierten Gruppen erfuhren. Der Spaziergang war kalt, ein wenig nass und anstrengend, aber sehr lohnend.

Erfahrungen, die bleiben

Am letzten vollen Tag besuchte uns eine Vertreterin des örtlichen Jugendrats, die uns über ihre Arbeit berichtete. Den Nachmittag verbrachten wir damit, Quararo (ein Spiel über Entscheidungsfindung und Demokratie) zu spielen, deutsche Döner zu probieren und den Fußballplatz gegenüber unseres Seminarraums zu nutzen. Und dann, am nächsten Tag, hieß es Abschied nehmen. Aber unser letzter voller Tag war ein fröhlicher: Wir erlebten eine tolle Reflexionsrunde und verbrachten den Abend in einer kleinen Bar, in der der Vater eines der Teilnehmenden aus Deutschland ein Konzert gab (danke an Eliana für die Organisation!). Er ist Grieche, und so war der Abend der perfekte Abschluss unserer zehn gemeinsamen Tage.

Alles in allem hatten wir ein anspruchsvolles Programm, vor allem wenn man bedenkt, dass es seit der letzten Jugendbegegnung einige unvorhergesehene Veränderungen in allen drei Gruppen gab. Angesichts dessen könnten wir nicht stolzer auf unsere Gruppen sein, und darauf, was sie bei diesem Austausch erreicht haben. Die Jugendlichen haben sich sofort wieder zusammengefunden und auch die neuen Mitglieder der Gruppen haben sich äußerst positiv und schnell eingelebt. Wir als Jugendleitungsteam können gar nicht hoch genug wertschätzen, wie herzlich sich die Jugendlichen gegenseitig begegnet sind! Wir möchten uns bei allen bedanken, die an diesem Austausch beteiligt waren – den Jugendlichen, allen Moderator*innen und Jugendleiter*innen, die Generation Europe – The Academy zu einem so wertvollen und positiven Projekt gemacht haben. Wir sehen uns bei der Netzwerkkonferenz, und der Jugendbegegnung im kommenden Jahr! 😊